Gelegentlich werde ich auf meinen LinkedIn-Kommentar angesprochen, in dem ich den Begriff “Gesundheitsprävention” auf satirische Weise definiert habe. Offenbar hat dieser Beitrag einen Nerv getroffen – denn die Begriffsverwirrung ist real.

In meinen Vorlesungen im Public Health Lehrgang der Medizinischen Universität Wien stelle ich den Studierenden regelmäßig die Frage: „Was ist Gesundheitsprävention?“

Die Frage dient als Diskussions- bzw. Reflexionsanstoss und die Antworten sind vielfältig: Meist wird der Begriff uneinheitlich verwendet und oft mit Gesundheitsförderung oder spezifischen Präventionsmaßnahmen verwechselt.

„Gesundheitsprävention“ – Ein Kofferwort mit satirischer Note

Im besagten LinkedIn-Kommentar habe ich versucht, den Begriff humorvoll zu definieren – nämlich als das exakte Gegenteil von dem, was Prävention eigentlich bedeutet:

„Gesundheitsprävention (auch ‚Krankheitsförderung‘ genannt) zielt darauf ab, Krankheiten und Gesundheitsprobleme aktiv zu fördern, deren Fortschreiten zu beschleunigen und Auswirkungen zu maximieren.“

Typische (nicht ganz ernst gemeinte) Maßnahmen wären:

  • Ernährung: Fast Food, Zuckerbomben und ungesunde Fette
  • Bewegung: Ein Lebensstil nach dem Motto „Sport ist Mord“
  • Stressmanagement: Dauerstress, Überarbeitung und chronischer Pessimismus
  • Genussmittel: Regelmäßiger Konsum von Alkohol und Tabak

Natürlich ist das Satire – aber sie zeigt auf humorvolle Weise, wie unreflektiert der Begriff „Gesundheitsprävention“ oft verwendet wird.

Die korrekten Begriffe: Prävention vs. Gesundheitsförderung

Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig, die Begriffe klar zu trennen:

Gesundheitsförderung

Gesundheitsförderung umfasst alle Maßnahmen, die darauf abzielen, die Gesundheit zu stärken und zu erhalten. Sie setzt nicht erst bei Krankheitsrisiken an, sondern zielt auf eine umfassende Verbesserung der Gesundheitsressourcen – auf individueller, gesellschaftlicher und struktureller Ebene. Sie soll somit Menschen motivieren, sich für eine gesunde Lebensführung zu entscheiden, wie es die Österreiche Plattform Gesundheitskompetenz so schön darlegt.

Prävention – Krankheitsvermeidung und Früherkennung

Laut der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz wird Prävention in drei Stufen unterteilt:

Primärprävention

Setzt an, noch bevor es zur Krankheit kommt. Sie trägt dazu bei, gesundheitsschädigende Faktoren zu erkennen und zu vermeiden, um die Entstehung von Krankheiten zu verhindern.
-> Beispiele: Impfungen, Nichtraucherkampagnen, gesunde Ernährung.

Sekundärprävention

Soll das Fortschreiten von Krankheiten verhindern. Sie greift also in bestehende Risikosituationen ein und versucht, diese abzuwenden und Krankheitsfolgen zu vermindern.
-> Beispiele: Österreichische Vorsorgeuntersuchung, Screenings (z. B. Mammografie, Darmspiegelung, Darmkrebsscreening).

Tertiärprävention

Konzentriert sich bei bestehender Krankheit auf die Wiederherstellung der Gesundheit. Folgeschäden soll damit vorgebeugt und Rehabilitation ermöglicht werden.
-> Beispiele: Rehabilitationsmaßnahmen, Nachsorgeprogramme, chronische Krankheitskontrolle.

Warum ist es wichtig, die Begriffe korrekt zu verwenden?

Die richtige Verwendung der Begriffe ist nicht nur eine Frage der Semantik – sie hat konkrete Auswirkungen auf Praxis, Strategie und Fachkompetenz.

Wenn jemand den Begriff „Gesundheitsprävention“ verwendet oder die genaue Definition von Gesundheitsförderung und Prävention nicht kennt, kann man daraus schließen, dass der Unterschied zwischen diesen Konzepten nicht klar ist. Und das hat weitreichende Folgen:

-> Fehlende Abgrenzung = Fehlende Wirksamkeit

Gesundheitsförderung und Prävention verfolgen unterschiedliche Ansätze und Ziele.

  • Gesundheitsförderung stärkt Ressourcen und schafft gesundheitsfördernde Strukturen.
  • Prävention reduziert Gesundheitsrisiken und zielt auf Krankheitsverhütung ab.

Wer diese Unterscheidung nicht kennt, kann keine akkuraten Maßnahmen ableiten. Ein Unternehmen oder eine Institution, die unter „Gesundheitsprävention“ einfach „irgendwas mit Gesundheit“ versteht, riskiert ineffektive oder gar kontraproduktive Maßnahmen.

Der falsche Gebrauch von Fachbegriffen zeigt, dass man sich dem Thema nicht wirklich fundiert auseinandergesetzt hat. In den Bereichen Public Health, betriebliche Gesundheitsförderugn und Prävention ist das besonders problematisch:

  • Wer Gesundheitsförderung mit Prävention verwechselt, zeigt fehlendes Expertenwissen.
  • In professionellen Kreisen kann das schnell als Mangel an Fachkompetenz wahrgenommen werden.
  • Das kann negative Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit in Beratung, Wissenschaft und Praxis haben.